Dienstag, 11. Oktober 2011

Elisabeth, Köln (Preview)

Resurrection!
Warum Resurrection? Nun - Ich habe Elisabeth bei der letzten Tour Anfang 2010 in Frankfurt gesehen und war sehr enttäuscht. Jedoch war ich damals fest entschlossen dem Ganzen eine 2. Chance zu geben. Das war eine gute Entscheidung!
Ich habe aus meinen eigenen Fehlern gelernt und diesmal ein paar Euro mehr für einen guten, mittigen Platz im vorderen Bereich investiert. An schlechter Sicht sollte es diesmal auf keinen Fall scheitern! Das alleine kann natürlich nicht der Grund sein, dass es mir diesmal soviel besser gefallen hat, aber es hilft natürlich enorm, wenn man sich die Mimik nicht nur vorstellen muss.

Den Darstellern ins Gesicht zu gucken, hilft auch dabei sich von der Kulisse abzulenken. Nein - ich kann immer noch nichts damit anfangen. Wie schon bei der vorherigen Tour ist das Bühnenbild eher spartanisch und wird vorallem von einer großen Projektionsleinwand beherrscht. Die empfinde ich persönlich jedoch als Fremdkörper auf der Bühne. Sie fügt sich nicht gut ins restliche Bild ein und die projezierten Bilder wirken unnatürlich und -in meinen Augen- störend. Personen und weitere Kulissenteile werden über eine Drehbühne durch sich öffnende Tore hereingefahren. Ach reden wir nicht weiter drüber - wie schon erwähnt, ich konzentriere mich da lieber auf Mimik und Gestik der Darsteller und dann ist alles "halb so schlimm".

Zur Geschichte und Musik muss ich nicht viel sagen, oder? Ich denke, die meisten Leser kennen die Musical-Lebens-Geschichte der Kaiserin von Österreich. Auch die Musik düfte hinreichend bekannt sein. Tolle Solos, tolle Duette - manche davon werde schon reichlich "strapaziert" - Sprich, es gibt keine Veranstaltung, wo sie nicht zum Besten gegeben werden. Die sogenannten Klassiker also... Deshalb dachte ich bei den ersten Tönen von "Ich gehör nur mir" auch unwillkürlich: "Oh, nicht schon wiiiiieder". Aber als es dann richtig los ging, merkte ich dass man manche Lieder einfach nicht häufig genug hören kann ;-) und doch nie leid wird...

Zumindest nicht, wenn es "richtig" vorgetragen wird... daher wird es jetzt Zeit für die Darsteller:
Einen Blick auf die Besetzungliste zu erhaschen war gar nicht so einfach. Sie mitzunehmen unmöglich, aber ein Foto konnte ich dann doch organisieren :)


Letztes Jahr trugen verschiedene Akteure auf der Bühne zu meiner allgemeinen Enttäuschung bei. Ich hoffte also im Vorfeld auf eine komplett neubesetzte Tour. Im Prinzip ging mein Wunsch auch in Erfüllung. Bis auf die "Elisabeth" tauchten nach und nach immer mehr "neue" Namen auf.

Aber fangen wir mal bei der Kaiserin herself an: Annemieke van Dam:
Sie war 2010 schon eine der wenigen Lichtblicke, auch wenn sie mich damals nicht halb so sehr geflasht hat wie dieses mal!
Neben einer Person, zu der ich gleich noch was sagen werde, war sie für mich auch diesmal mit Abstand die stärkste Person auf der Bühne. Sie hat mich vorallem mit ihrer Mimik und ihrem Schauspiel unglaublich berührt.
An der Rolle schätze ich vorallem deren Wandlungsfähigkeit. Vom jungen, naiven, fröhlichen Mädchen entwickelt sich Elisabeth zur verschreckten, überforderten Ehefrau, die sich erst nach und nach ihr Selbstbewußtsein zurück erobert. Später schlägt ihre Selbstbefreiung in Eigensucht und Egoismus um, bis sie nach dem Tod ihres Sohnes als alte gebrochene Frau mit ihrem Schicksal hadert und den Tod herbei sehnt. Diese unglaubliche Wandlung muss man erstmal glaubhaft auf die Bühne bringen, mal ganz zu schweigen von der anspruchsvollen Gesangsleistung.
Annemieke zuzusehen und zuzuhören hat einfach Spaß gemacht. Zu Beginn wirkte sie so jung und frisch, dass ich insgeheim schon zweifelte, ob sie am Ende immer noch in die Rolle passt. Doch meine Sorge war unbegründet. Sie verstand es durch kleine Veränderungen in ihrem Blick, in ihrer Haltung und ihrer Gestik Elisabeth reifen zu lassen. In diesem Zusammenhang muss ich auch ganz dringend ein Lob an die Maskenbildner loswerden, die diesen Effekt durch gut gewähltes Make-Up noch verstärkten. Aber besonders Annemiekes Augen waren es, die mich in ihren Bann schlugen. Zu Beginn sprühend, dann ängstlich aufgerissen, später selbstbewußt, hart, wirr bis hin zu verzweifelt und dann von einer Sekunde auf die andere (nach ihrem Tod) wieder jung und wild. DAS sind Gründe, die einen jede Art von unpassender Kulisse einfach vergessen zu lassen. DAS sind die Gründe warum ich das Theater und besonders das Musical liebe!!!


Natürlich müsste ich jetzt mit der zweiten Hauptrolle weiter machen. Aber jetzt sagt mir ganz ehrlich... Wer ist die männliche Hauptrolle? Der Tod? Oder vielleicht doch eher Lucheni? Ich entscheide mich für letzteren, denn Kurrosch Abbasi war die Person, die mir (zusammen mit der schon erwähnten Annemieke) an diesem Abend am besten gefallen hat. Nach einem eher glanzlosen Luigi Lucheni im Vorjahr, war ich diesesmal von der ersten Sekunde an begeistert! Kurrosch rockt die Bühne. Ich dachte immer, dass das keiner außer Serkan Kaya so gut kann, aber dieser Lucheni hier war auf jedenfall ein Besetzungsvolltreffer! Den Vergleich mit Serkan muss er sich gefallen lassen, denn er interpretiert die Rolle ähnlich. Mich hats gefreut: Er macht das grandios! Ein bißchen rockiger als üblich und vorallem herrlich ironisch und sarkastisch erzählt er die Geschichte der Kaiserin. Er ist ihr größter Kritiker, lässt aber hin und wieder auch ein bißchen Bewunderung (?) aufblitzen. Ich mag die Rolle sehr und bin recht kritisch, wenn es um die richtige Interpretation geht! Kurrosch, den ich bisher nicht kannte, hatte aber sofort ein Stein bei mir im Brett und gesungen hat er auch mit ganz viel Kraft und Ausdrucksstärke! Da lässt man sich bei einem phänomenalen "Kitsch" doch gerne mal mit Sissi-Schokotäfelchen abwerfen!

Vorab war ich auf den Tod alias Mark Seibert besonders gespannt. Ich will ehrlich sein - als die Besetzung diesbezüglich bekanntgegeben wurde war ich mir nicht so ganz sicher ob ich nun lachen oder weinen sollte. Mark als Tod konnte ich mir bis einschließlich Showbeginn irgendwie so gar nicht vorstellen. Ich hatte arge Zweifel, denn bei den Tenors-Konzerten fand ich Mark viel zu ...ähm schnulzig. Zuviele Balladen, zuviel gejammer, zuwenig Power in der Stimme. Ich dachte: Entweder er überrascht mich jetzt völlig, oder es wird eine unfreiwillig komische Veranstaltung. 

Annemieke und Mark beim Schlussapplaus

Aaaaaaalso: Er hat mich überrascht, wenn auch nicht völlig! Soll heißen, er war besser als erwartet, auch wenn er das Potenzial der Rolle nicht komplett ausgeschöpft hat. Ich will nicht zu streng sein, denn es war die allererste Vorstellung und ich weiß von anderen Premieren, dass es Zeit braucht bis die Darsteller sich richtig eingespielt haben. Er soll der große Verführer sein, der Tod, der Elisabeth immer wieder anlockt und der nicht nur die Kaiserin, sondern auch das Publikum in seinen Bann schlägt. Bei Uwe Kröger im letzten Jahr hatte ich das Gefühl, dass dessen Haltbarkeitsdatum deutlich überschritten war. Der Ur-Tod war live so gar nicht mein Fall, auch wenn ich ihn früher in der Rolle mochte. Ihm hab ich den Verführer nicht abgenommen. Sein diesjähriger Nachfolger war im Vergleich passender. Mark wirkte als Tod sehr arrogant-überheblich. Meiner Meinung nach ist das eine glaubhafte Rolleninterpretation. Gesanglich hat er versucht eher in Máté Kamarás Fußstapfen zu treten und ein bißchen "rockiger" aufzutreten und das hat er  nicht schlecht gemacht. Wie gesagt, ich war überrascht wie "in Ordnung" ich ihn fand (wenn auch leider nicht mehr)! Ich hatte gar nicht erwartet, dass er überhaupt in diese Rolle passt.
Ich wollte grade schreiben, dass er sicher polarisieren wird - doch wird er das wirklich? Polarisieren tut Máté, den man entweder liebt oder hasst - Ich glaube, Mark wird die Massen nicht spalten. Er ist okay, aber auch nicht mehr. Vielleicht wird das noch. Keine Ahnung! Mein Fazit lautet: Kein schlechter Tod, aber leider auch keiner der einen so umhaut, wie ich es vom Tod erwarten würde! Ich bin gespannt auf weitere Meinungen!!!

Betty Vermeulen als Erzherzogin Sophie war ein richtig fieser "Besen". Wer die zur Schwiegermutter hat, braucht keine (weiteren) Feinde mehr. Sie sang etwas heiser, aber das verstärkte den Eindruck der harten, kalten Frau noch mehr. Ich fand sie in ihrer Schrecklichkeit großartig, auch wenn es ein, zwei Szenen mit ihr gab, die mir nicht gefallen haben. Aber das lag weniger an ihr als an der Inszenierung (Stichwort: Pferde).

Mathias Edenborn spielte den Kaiser Franz-Josef. Hat er mir gefallen? Ja! Aber es ist eine eher unscheinbare Rolle und Mathias hat sie auch eher zurückhaltend gespielt. Er wirkte meist etwas kränklich, uneigenständig und wie ein Marionette. Natürlich ist das auch der Eindruck der vom Kaiser vermittelt werden soll. Auch gesanglich war ich mit der Besetzung zufrieden und Mathias' Aussprache hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert.

Im Vorjahr hat er noch den Tod gespielt, dieses Jahr war Oliver Arno "nur noch" Kronprinz Rudolf. Die Gründe weiß ich nicht und als Tod hab ich ihn auch bisher noch nicht gesehen, deshalb kann ich da jetzt nicht viel zu sagen. Als Rudolf war er vielleicht ein klitzekleines bißchen alt, wirkte aber nicht so und auch gesanglich hat er mir auch gut gefallen. Rudolf ist nur eine kleine, aber schöne Rolle, die Oliver gut ausgefüllt hat. 



Ich werde jetzt nicht auf jede Rolle eingehen - Insgesamt ist zu sagen, dass die Tour 2011/12 wesentlich besser besetzt ist, als die vorhergehende Tour. Wer mich von den Darstellern nicht umgehauen hat, war doch zumindest so gut, dass ich weit davon entfernt war, den horrenden Eintrittspreis (trotz Preview-Ermäßigung)  zu bereuen!
Die Ensembleszenen fand ich klasse und auch die kleineren Nebenrollen waren sehr gut besetzt. Darstellermäßig gibt es wenig zu meckern.

Fazit:
Das Musical wurde auch bei dieser Produktion nicht neu erfunden, doch Elisabeth ist ein tolles Stück! Nicht umsonst ist es eins der erfolgreichsten Levay/Kunze Musicals und wird seit Jahren gespielt.Wie viele andere Stücke lebt es aber von gut besetzten Rollen. Deshalb muss man jede (Tour)Produktion für sich beurteilen. Diese kann ich euch ohne Bedenken ans Herz legen. Was allerdings etwas abschrecken könnte sind die oben erwähnten Preise, die haben sich nämlich leider gesalzen.

4 Kommentare:

  1. Es war einfach nur der Hammer! Ich war am 11.10.11 dort und ich fand es einfach traumhaft! Das Bühnenbild, die Sänger, die Lichteffekte und vor allem die Drehbühne in Köln!! WOW WOW WOW !!! Leute, geht da rein, wenn ihr die Möglichkeit habt! Diese Tournee ist gar kein Vergleich zur letzten! Tausendmal besser!!!

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  2. Ich bin schon so gespannt auf deinen Bericht! Und auf Dezember, wenn ich es auch sehen werde :)

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  3. hachja, ich hab ähnlich gedacht, nur war ich von mathias beeidruckter;)

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  4. Also ich kann deine Meinung bezüglich des Bühnenbildes nicht teilen. Es ist sehr schlicht, aber Licht, Drehbühne, die sich bewegenden Tore und die Projektionen harmonieren Perfekt mit der Aktion der Darsteller. Die Projektionen dominieren meiner Meinung nicht, sondern unterstützen eigentlich wie das Licht das Stück und erfüllen im Gegensatz zu vielen anderen Stücken keinen Selbstzweck. Meiner Meinung nach ein tolles Musical mit sehr guten Darstellern, ein tolles Bühnenbild und ein Klasse Live-Orchester.

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