Sonntag, 17. Februar 2013

Das Geheimnis des Edwin Drood, Münster

Da haben wir den Salat! 
Ich nehme mir vor immer schön zeitnah Blogs zu den gesehen Musicals zu schreiben und dann kommt mir das Theater in Münster mit SO einem Stück daher. Einfach drauflos schreiben ist da schwierig. Man will nämlich auf keinen Fall zu viel verraten. Aber einfach schreiben "Geht hin und lasst euch überraschen" ist vielleicht auch nicht grade das was ihr hören wollt, oder?
Wobei ich genau das getan und nicht bereut habe!
Was ich selber vorher wusste: Es handelt sich um eine Kriminalgeschichte, die Hauptrolle heißt Edwin Drood und wird von Roberta Valentini gespielt. Ja, sie spielt einen Mann. Und auf meine Bitte nichts über den Ausgang zu verraten, weil ich das Stück vielleicht noch gucken möchte, wurde wissend gegrinst. JETZT weiß ich auch warum.
Niemand braucht sich die Finger in die Ohren stopfen (oder –hier- in die Augen) denn: Keiner weiß wie der Abend endet. Es handelt sich um eine Kriminalgeschichte… jein! Es handelt sich zumindest um eine Geschichte von Charles Dickens in der im 2. Akt ein möglicher Mörder gesucht wird. 


Wer das ist und warum konnte der Autor selbst nicht mehr entscheiden. Leider segnete Herrn Dickens vor Auflösung des Geheimnisses um den verschwundenen Edwin das Zeitliche.
Nun hat diese Tatsache aber niemanden daran gehindert, das Stück trotzdem auf die Bühne zu bringen. Sollen doch die Zuschauer selber entscheiden wie die Geschichte ausgeht. Denn im Prinzip kann es jeder gewesen sein, falls Edwin überhaupt tot ist. Das Stück kann also theoretisch jeden Abend eine andere Wendung nehmen. Wen also findet das Publikum am verdächtigste?
 
Da ist Edwins mysteriöser Onkel John Jasper, der einerseits ein Auge auf Edwins Verlobte Rose Budd geworfen hat und andererseits seine Nächte in der Opiumhölle der Prinzessin Puffer verbringt. Da sind die Geschwister Landless, die in der britschen Kolonie (Indien?) aufgewachsen sind und immer wieder mit Edwin aneinander geraten. Da ist der zwielichtige Bestatter Durdles und sein Gehilfe, die irgendetwas zu verbergen suchen. Und auch der Theaterschreiber Bazzard und der Pfarrer Chrisparkle sind verdächtig unverdächtig.  Und so machen sich Detektiv Dick ...?... und Prinzessin Puffer im 2. Akt auf die Suche nach Edwins Mörder.
Das Ensemble zählt ca. 45-50 Leute, die nicht unbedingt alle auf der Bühne agieren - natürlich haben nicht alle Anwesenden tragende Rollen (manche werden auch getragen).
 

Als Krimi-Liebhaber war mir schnell klar, dass es weniger um eine toll konstruierte Mördersuche geht, als viel mehr um den Spaß, den das Publikum bei einem mehr oder weniger interaktiven Stück hat. 

(c) Theater Münster

Ein Stück übrigens, das sich nicht eine Sekunde lang selber ernst nimmt. Ich glaube, soviel darf man verraten – denn wenn eine Männerrolle an eine Frau geht, verhält es sich mit dem Stück oft ähnlich, wie wenn man einen Mann in Frauenkleider steckt… In den meisten Fällen gibt’s dann eher was zu lachen, als zu weinen. Und so auch hier. MEHR verrate ich jetzt aber wirklich nicht!!!!!
Nur noch kurz zur Musik: Wie die Fallkonstruktion, ist auch die Musik eher nebensächlich. Man kommt zwar beschwingt und grinsend aus dem Theater und summt vielleicht auch ein bisschen vor sich hin – Trotzdem lebt dieses Musical vor allem von seinen skurrilen Typen, die man richtig gehend ins Herz schließt. und davon, dass sich auch die Darsteller gegenseitig auf die Schippe nehmen.

 Schlussapplaus (leider nur mit dem Handy)
Wer einen vergnüglichen Abend haben möchte und zum Lachen nicht erst in den Keller gehen muss, der ist in Münster richtig. Bei bezahlbaren Tickets zwischen 8 € und 30 € sollte man den Spaß ruhig mal ausprobieren - Ich verspreche euch: Es ist ein Musical wie ihr es bisher vermutlich noch nie erlebt habt. Das Theater ist übrigens auch sehr schön - vorbildlich ansteigende Reihen mit guten Blick auf die Bühne von überall. Die billigen Plätze ganz oben, sind allerdings vermutlich nicht für Personen mit Höhenangst geeignet und ganz vorne darf man keine Berührungsängste haben. Die Darsteller kommen mitunter „gefährlich“ nah (und das nicht nur während des Stücks).
Neugierig?

 

Besetzung

Prinzipal Gerhard Mohr
Edwin Drood Roberta Valentini
John Jasper  Axel Herrig
Rosa Budd Julia Lißel
Hochwürden Crisparkle Peter Jahreis
Helena Landless Johanna Marx
Neville Landless Dennis Laubenthal
Prinzessin Puffer Suzanne McLeod
Durdles Aurel Bereuter
Durdles' Gehilfe Tom Ohnerast
Bazzard Ilja Harjes
Horace Lars Hübel
Inspizient Tomasz Zwozniak

Donnerstag, 14. Februar 2013

HEROES, Christian Alexander Müller in Chemnitz

Christian Alexander Müller
in der Markus-Kirche, Chemnitz



Special Guests:
Roberta Valentini
Judith Lefeber
Patrick Stanke
Angelina Biermann




Set Liste

Go the Distance - Hercules
Man of la Mancha - The Man of la Mancha
The Quest - The Impossible Dream  - The Man of la Mancha
Gethsemane - Jesus Christ Superstar
Here on this Night - The Pirate Queen (mit Roberta Valentini)
Women - The Pirate Queen (Roberta Valentini)
Martin Guerre - Martin Guerre
Live with the one you love - Martin Guerre (mit Patrick Stanke)
Hol ihn heim - Les Miserables
One of those Moments aus dem Film Yentl
Papa can you hear me/Piece of Sky - Yentl

PAUSE

Ich muss erfahrn - Jekyll & Hyde
Dies ist die Stunde - Jekyll & Hyde (mit Patrick Stanke)
Welch ein Gefühl - Jekyll & Hyde (Patrick Stanke)
Die Konfrontation Jekyll & Hyde (als Duett mit Patrick Stanke)
Dich kennen heißt dich lieben - Mozart (mit Angelina Biermann)
Warum kannst du mich nicht lieben - Mozart
So einfach, so schwer - Aida (Judith Lefeber)
Sind die Sterne gegen uns - Aida (mit Judith Lefeber)
Wer kann schon ohne Liebe sein - 3 Musketiere (Roberta Valentini, Angelina Biermann, Judith Lefeber)
Wenn uns nur Liebe bleibt

Musik der Nacht - Das Phantom der Oper
 

ZUGABE
Einsam sind alle Sänger


Ich glaube fast, mit allem was ich bereits hier geschrieben habe, ist fast schon alles gesagt. Wer Christian Alexander Müller und seine Gäste schonmal live hat singen hören, der dürfte durch diese Songliste eine Vorstellung davon bekommen wie wundervoll dieses Konzert war. Die tolle Location in einer Kirche tat sein übriges um die Zuschauer zu verzaubern. Wer nur ein klitzekleines Herz für Musicals und tolle Stimmen hat, bekam hier alles geboten, was die Seele begehrt.


Samstag, 9. Februar 2013

Dracula, Pforzheim

Endlich hat mein Musicaljahr 2013 begonnen. Am Samstag ging es ab in den Süden - genauer gesagt nach Pforzheim, wo derzeit ein Hauch von Transilvanien in der Luft liegt.



Um den Mythos "Dracula" ranken sich viele Geschichten. Die wohl Bekannteste Version ist der Briefroman von Bram Stoker, an dem sich auch das Musical aus der Feder von Frank Wildhorn orientiert.

Der Immobilienmakler Jonathan Harker wird auf das Schloss des Grafen Dracula bestellt, um diesem ein Anwesen in London zu vermitteln. Schon bald bereut er es, diese Reise angetreten zu haben, denn Dracula ist ein sehr seltsamer Mann und im Schloss spielen sich unheimliche Dinge ab. Als Dracula ein Bild von Jonathans Verlobter Mina Murray sieht, erkennt er in Ihr seine Seelenverwandte und beschließt in England Verbindung mit ihr aufzunehmen. Schon bald erliegt erst Minas beste Freundin Lucy und bald auch Mina selbst den Kräften und der Verführungskunst des Grafen aus Transilvanien. Die Geschehnisse rufen den Vampirjäger van Helsing auf den Plan, der versucht die beiden Frauen zusammen mit Jonathan und Lucys ehemaligen Verehrern aus den Fängen des Vampirs zu befreien.
Collage gefunden über Google :)
Das Wildhorn Stück wurde 2004/2005 am Broadway gespielt. 2005 gab es die erste deutschsprachige Premiere in St. Gallen in der Schweiz. 2007 kam das Stück nach Österreich, wo es in Graz in einer Neuübersetzung gespielt wurde. Diese Version mit Thomas Borchert als "Dracula" und Uwe Kröger als "Van Helsing" ist vermutlich die Bekanntere, da es von dieser Show auch eine CD-Aufnahme gibt. In Pforzheim wird das Stück jedoch in der Übersetzung aus St. Gallen gespielt. Wenn man die Grazer CD oft und gerne gehört hat, irritieren die "unbekannten" Texte ein wenig. Trotzdem verlieren die Lieder dadurch weder an Stärke noch an Aussagekraft und gefielen mir nach ein wenig Eingewöhnung ebenfalls sehr gut. 
 

In der Musik erkennt man die Handschrift des Komponisten natürlich direkt wieder. Wie schon bei anderen Stücken aus seiner Feder, schafft Wildhorn auch bei Dracula Ohrwurm um Ohrwurm, fängt mit seinen Melodien eine Vielzahl von Gefühlen ein und macht das Stück dadurch abwechslungsreich. Es gibt rührende Herzschmerz-Balladen, lustig-beschwingte Lieder, Kampfansagen, manchmal gruselt man sich gar ein wenig (und das ist durchaus positiv gemeint). Wer es nicht nach Pforzheim schafft und die Musik noch nicht kennt, dem kann man die CD bedenkenlos ans Herz legen. Wie schon bei "Jekyll & Hyde" oder dem "Graf von Monte Christo" zeigt Wildhorn auch hier, dass er sein Handwerk versteht.





Youtube Kanal von : Entertainmentandmore

Musikalisch wird das Stück in Pforzheim durch erstklassige Hauptdarsteller abgerundet. Hier liegen die Stärken der Pforzheimer Inszenierung. Beim Bühnenbild müssen im direkten Vergleich ein paar Abstriche gemacht werden. Doch für eine Stadttheater-Aufführung ist die Kulisse solide gestaltet und wird dem Stück durchaus gerecht.
Mit schönen Ideen und Effekten wird das Bühnenbild zudem aufgewertet. Zum Beispiel werden auf einer Leinwand im Hintergrund hin und wieder Wellen oder Wolken projeziert. Dracula klettert an überdimensionalen Spinnweben hinauf, oder schwebt (durch ein Seil gesichert) auf die Bühne. Besonders gefallen hat mir eine Szene in der Tänzer im Dunkel und Nebel wie Fledermäuse kopfüber von der Decke hängen. An Nebel wurde insgesamt wenig gespart. Der Geruch nervt auf Dauer ein wenig, dafür sieht die neblige Bühne toll aus!
 

Was ich aber eigentlich sagen will: Es lebe das Stadttheater! Wie ich in den letzten Jahren immer wieder feststellen durfte, haben grade die Stadttheater im Bereich Musical viel zu bieten. Wer meint, in Deutschland gäbe es nur eine Hand voll Musicals und die auch nur in großen Städten wie Hamburg oder Berlin, dem kann ich (Gott sei Dank) sagen, dass er irrt! Natürlich sind die Großproduktionen wie "Tanz der Vampire" sehenswert, aber niemand sollte jammern, wenn ihm das Kleingeld für Städtetrips in den Norden oder Osten der Republik fehlt und sich über das Programm umliegender Theater informieren. Das lohnt sich - wie auch hier - wirklich sehr!
Denn auch bei den Darstellern werden kleine Produktionen jenseits der Long-Run Stücke immer beliebter. Deshalb findet man auch in Städten wie Bielefeld, Kassel, Nordhausen oder -in diesem Fall- Pforzheim große Namen auf der Cast-Liste.
Unabhängig davon, dass ich das Stück unbedingt mal Live auf der Bühne sehen wollte, haben mich im Falle "Dracula" unter anderem die Darsteller gereizt.


Als Mina Harker steht in Pforzheim die wundervolle Femke Soetenga auf der Bühne, die vielen Musicalgängern aus Tecklenburg (3 Musketiere, Jesus Christ Superstar) oder Stuttgart (Rebecca) in guter Erinnerung ist.



Ich glaube, dieses Bild vom Schlussapplaus sagt in Punkto Ausstrahlung mehr als tausend Worte. Gleichzeitig hat Femke eine großartige Stimme von der man sich in diesem Musical mehr als einmal überzeugen kann. Aber nicht nur stimmlich passt sie in die Rolle - auch darstellerisch kann sie als Mina glänzen. Ob lebenslustig, verliebt oder von Dracula verführt und verzweifelt - Femke verleiht Mina genau das richtige Gesicht. Wie schon zwei Sommer lang in Tecklenburg, hat sie mich auch hier wieder bis ins Detail von sich überzeugt.

Ihren Bühnenpartner Chris Murray als Dracula, habe ich das erste Mal live auf der Musical-Bühne gesehen. Von seiner Gesangsstärke konnte ich mich allerdings früher schon bei Konzerten überzeugen.



Hui... Was für ein Wahnsinns-Organ! Zu Beginn des Stücks hab ich das Orchester als unheimlich laut empfunden. Die Mikros der Darsteller waren vergleichsweise leise eingestellt. Einen Herrn Murray scheint das wenig zu jucken. Der singt einfach etwas lauter und bräuchte vermutlich überhaupt kein Mikro um auch noch in der letzten Reihe im Saal zu hören zu sein. Und auch während seiner Kletteraktionen bleibt die Stimme genauso laut und ausdrucksstark. Toll!

Im Gegensatz dazu blieb Thomas Christ als Jonathan Harker an diesem Abend ein wenig blass. Allerdings muss man dazu sagen, dass Thomas trotz schwerem grippalem Infekt tapfer, aber doch recht angeschlagen auf der Bühne stand. Ich denke, wenn er fit und gesund ist, klingt er ganz anders. Man hörte, dass auch er eigentlich ein sehr guter Sänger ist, dies aber aus oben genannten Gründen nur bedingt zeigen konnte. 

Die Inszenierung stellt Jonathan etwas bieder dar - nachdem Dracula sich durch Jonathans Blut verjüngt, altert dieser im Gegenzug stark. Das hat mir optisch nicht so gut gefallen, denn er verlor dadurch zusätzlich an Bühnenpräsenz.
Auch Lucys Verehrer Dr. Jack Seward, Quincy Morris und Arthur Holmwood wirkten auf mich einen Tick zu steif. Grade bei Liedern wie "Eh du verloren bist" (Sorry, ich kenne nur die Grazer Titel) hätte ich mir etwas mehr Feuer gewünscht. Trotzdem haben alle einen guten Job gemacht.
 

Richtig gut gefallen haben mir hingegen Lucy (Yvonne Luithlen), Van Helsing (Jon Geoffrey Godsworthy) und Renfield (Timo Päch), die mich sowohl darstellerisch als auch gesanglich überzeugt haben.



Und hier schließt sich der Kreis. Tolle Darsteller und eine insgesamt gute Inszenierung in Verbindung mit großartiger Musik machen Dracula zu einem absolut empfehlenswerten Stück.
Auch das Theater selbst macht direkt Lust darauf wieder zu kommen. Die Reihen sind allesamt ansteigend, so dass man nicht nur in der ersten Reihe keine störenden Köpfe im Blickfeld hat. Der Saal hat eine angenehme größe. Ich vermute, dass man von allen Plätzen relativ gut auf die Bühne gucken kann. Auch der Eintrittspreis verlockt dazu Wiederholungstäter zu werden. So kostet die erste Preiskategorie nicht mal 30 €. Da lohnt es sich auch mal ein, zwei Kilometer mehr in Richtung Süden zu fahren.




Ich glaube, man hört, dass das Publikum einen tollen Abend hatte :)


Mit vielen Ohrwürmern im Gepäck, jeder Menge Spaß vor-, nach- und während des Stückes, konnte ich auf der Rückfahrt nach Hause nur zu einem Fazit kommen: Das Theater-Jahr 2013 hat mit einem sehens- und hörenswerten Musical begonnen.