Freitag, 29. Juli 2011

Jesus Christ Superstar, Tecklenburg (Premiere)

Eins mal vorweg... Wo ist der Sommer? Ich weiß, das passt jetzt eher zu den 3 Musketieren, aber mal ehrlich - Ende Juli sollte man doch bitte wirklich nicht im Publikum sitzen und sich Handschuhe wünschen, oder?! Wenn das so weiter geht hier erstmal der Tipp: Nehmt reichlich Decken mit - Es ist saukalt auf der Freilichtbühne.

Aber nun zur Show:
Ich musste erstmal eine Nacht drüber schlafen... und bin immer noch nicht so ganz sicher was genau ich schreiben soll. Das heißt dann tatsächlich mal: Das Fazit gibt es erst am Ende des Berichts.

Das Stück beschäftigt sich mit den letzten Tagen von Jesus Christus. Seine Beziehung zu Maria Magdalena, der Verrat von Judas und die Kreuzigung durch Pontius Pilatus.

2001 wurde das Musical aus der Feder von Andrew Lloyd Webber schon einmal auf der Freilichtbühne aufgeführt . Jetzt, 10 Jahre später, soll es ein erneuter Erfolg werden.
Diesmal hat Marc Clear die Regie übernommen und auch die Besetzung kann sich sehen lassen.
Aber was kann das Stück?! Ich habe vor Jahren mal den Film gesehen, der mich zugegebenermaßen nicht grade vom Hocker gehauen hat. Live gesehen hatte ich es allerdings noch nicht und wie schon häufig festgestellt sind Filme und Musicals oft zwei paar Schuhe.

Zunächst einmal: Das Musical wird in Tecklenburg in deutscher Übersetzung gespielt. Davor hatte ich persönlich am meisten angst, denn mir gefallen die Lieder - allen voran "Gethsemane" - auf englisch einfach am besten. Doch widererwartend büßt das Lied in der Übersetzung nur wenig ein. In Dinslaken bei der Sommernacht des Musical hatte Patrick es schon auf deutsch gesungen (Video) und so hatte ich schon ein wenig Gelegenheit mich an den "neuen" Text zu gewöhnen . Das Lied ist und bleibt einfach das Herzstück der Show und war auch am Premieren Abend eins der Highlights.
Insgesamt ist die Musik wohl eher Geschmackssache. Manche Lieder sind sehr stark, andere wiederum sind mir nicht so sehr im Gedächtnis geblieben.

Bei den von Judas (Mischa Mang) gesungenen Liedern hatte ich einige Probleme beim Textverständnis. Ich weiß nicht, ob das an der Abmischung lag, oder ob Mischa eine etwas undeutlichere Aussprache hat. Doch sie waren allesamt kraftvoll gesungen und selbst wenn man nicht jedes Wort verstanden hat, war die Botschaft doch klar und deutlich.


Judas ist der Ansicht, dass Jesus sich zusehr um seine eigenen Belange kümmert und gerät deshalb immer wieder mit Jesus aneinander.
Jesus hingegen ist von seiner Aufgabe ausgezehrt und braucht Ruhe und Verständnis, das er vorallem von Maria Magdalena bekommt.

Maria Magdalena und Jesus (Femke Soetenga, Patrick Stanke)
Sehr beeindruckend fand ich die Szene in der die Armen und Kranken Jesus bedrängen sie zu heilen. Jesus ist bemüht es allen recht zu machen. Ihm steht das Mitleid ins Gesicht geschrieben, doch als es immer mehr Leute werden die sich um ihn scharen wird es ihm irgendwann zuviel und seine Kraft ist am Ende.
Als Patrick Stanke am Anfang mit Perücke und im "Nachthemd" die Bühne betrat, musste ich mir das Lachen ein bißchen verkneifen (Ob man wohl an der schrecklichen Perücke noch was drehen kann?!) Aber spätestens in dieser grade beschriebenen Szene wird klar, dass er genau richtig für die Rolle ist. Sein Spiel ist ausdrucksstark und gesanglich muss ich eh nichts weiter sagen. Immer wieder beeindruckend.
Leider gibt es viel zu wenig solcher Szenen, in denen Patrick als Jesus sein ganzes schauspielerisches Können präsentieren kann. Das liegt aber vorallem an der Rolle. Im ersten Akt ist er der "heilige Erlöser", im zweiten Akt besteht die Rolle darin "zu leiden".


Die ganze Bandbreite an Gefühlen kann Patrick eigentlich nur im Lied "Gethsemane" ausleben. Das Lied ist dann auch gleich der Showstopper schlechthin. Ob auf deutsch oder englisch ist plötzlich wirklich Nebensache. Wut, Verzweiflung, Hoffnung, Angst - und das alles in 4 Minuten gepackt, die es in sich haben! Schon für dieses Lied lohnt sich das ganze Stück!

Mischa Mang als Judas hat mich vorallem im zweiten Akt überzeugt. Judas verrät Jesus, er nimmt das Geld der Pharisäer und gleichzeitig merkt man doch, dass es ihn innerlich zerreißt.
Eine der stärksten Szenen der Inszenierung ist sicherlich die Todesszene von Judas. Gefiederte, vermummte Gestalten fesseln ihn, er kämpft dagegen an und am Ende ergibt er sich doch in sein Schicksal.


Im Publikum kämpft man ebenso zwischen Mitleid und Verachtung.

Gut gefallen haben mir in ihren Rollen auch Femke Soetenga als Maria Magdalena und Thomas Hohler als Simon.


Leider spielten beide nur Nebenrollen. Man hätte sich wirklich gewünscht noch mehr von ihnen zu sehen und vorallem zu hören zu bekommen.

Ich denke, viele Rollen und Rollenbeziehungen hätte man besser rausarbeiten können und vielleicht auch müssen. Allerdings ist es hier natürlich die Vorlage von Andrew Lloyd Webber, die die Möglichkeiten begrenzt.
Das Stück ist insgesamt wirklich sehr, sehr kurz - Deshalb ist es umso bedauerlicher dass viele Charaktere (auch Petrus, z.B.) nur gestreift wurden. Ich glaube, aber das die Inszenierung von Marc Clear - der nicht nur als Regisseur sondern auch als Pontius Pilatus glänzte, einiges aus dem Stück rausgeholt hat.

Das Bühnenbild und die Kulisse der Freilichbühne war stimmig und passte sehr gut zu dem Stück. Je nach Szene war der Bühnenaufbau mit Tüchern verhüllt, die je nach Bedarf von hinten beleuchtet, oder auch mal abgerissen wurden. Das Steingemäuer der Ruine passte natürlich auch gut ins Bild.


Auch das große Aufgebot an Ensemblemitglieder verfehlte seine Wirkung (mal wieder) nicht.

Zu einer Figur im Stück muss ich noch was sagen! Das Problem ist, dass ich nicht ganz genau zuordnen kann, was genau sie darstellen soll. Während des Stücks tauchte immer wieder ein kleiner Junge auf, der Maria, Jesus oder auch anderen Jüngern zur Seite steht und ihnen Trost spendet. Ich glaube, in anderen Inszenierungen gibt es diese Gestalt nicht - mir hat deren Anwesenheit aber gefallen. Wahrscheinlich soll der Junge - wie bei "Mozart", der immer sein "Genie" in Gestalt seines kindlichen Selbsts dabei hatte - einen Teil von Jesus darstellen und vermutlich symbolisch für Glaube und Hoffnung stehen?! Eine tolle Idee.

Ich komme insgesamt zu dem Schluss, dass das Stück als solches zwar durchaus Schwächen hat, dass Darsteller und Inszenierung aber das Beste aus dem Stoff rausgeholt haben. Mir persönlich haben die Stücke der letzen Jahre (insbesondere Mozart, Aida und die 3 Musketiere) sehr viel besser gefallen.
Trotzdem finde ich, dass Tecklenburg seine Hausaufgaben gemacht hat und mal wieder ein durchaus sehenswertes Stück auf die Bühne gebracht hat und ich werde es mir auf jedenfall nochmal ansehen :)


Letztlich ist und bleibt "Musical" immer Geschmackssache. Dem Premierenpublikum hat es jedenfalls gefallen, wie der Schlussapplaus beweist.

Edit 5.08.2011: Premieren sind anscheinend so eine Sache! Ich hab das Stück eine Woche später nochmal gesehen und war beim zweiten Mal total begeistert! Die Darsteller waren freigespielt und haben mich und den Rest des Publikums total mitgerissen! Ernsthaft: Ich denke, dies ist wirklich ein Stück, das einen (erst) beim zweiten Mal so wirklich packt. Ich bin im Nachhinein ziemlich euphorisiert. Dies liegt vorallem an der mimisch sehr leidenschaftlichen Darstellung der Rollen. Ich muss und werde da noch ein paar Worte zu sagen! 
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3 Kommentare:

  1. Sehr schöne Bilder! Freu mich schon aufs Weiterlesen :)

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  2. Danke für den Bericht. Das war mal wieder schnell ;)

    Ich mag die Musik im großen und ganzen eigentlich sehr gerne. Habe auch schon verschiedene Inszenierungen von JCS gesehen. Ich bin also sehr gespannt und guter Hoffnung, was mich Freitag in Teck erwartet :)

    Bis dann! :D

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  3. bin auch ziemlich gespannt auf freitag
    klamottentechnisch hab ich fast was winterfestes eingeplant^^

    danke für deinen bericht;)

    lg

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