Freitag, 6. Juli 2012

Roberta Valentini und Marion Furtner in Tecklenburg - Marie Antoinette (Reprise)

Spielt heute wohl die Erstbesetzung? Diese Frage stellt sich in Tecklenburg für gewöhnlich nicht, denn es gibt nur eine Besetzung. Stattdessen sorgt man sich höchstens um den Grad der -nennen wir es mal...- Luftfeuchte...

An diesem Freitag jedoch war so manches anders als gewohnt. Deshalb hab ich beschlossen zu dieser Show zumindest ein "Reprise" zu schreiben :) (Den Bericht zum Stück findet ihr hier)

Auf der Bühne stand diesmal nicht Sabrina Weckerlin als Margrid Arnaud, sondern Marion Furtner. Die Marie Antoinette wurde nicht von Anna Thorén gesungen, sondern von Roberta Valentini und statt Unwetter und 90 % Regenwahrscheinlichkeit präsentierte sich der Himmel über Tecklenburg in strahlendem Blau.
(Ich will ja nicht angeben, oder so... Aber bei 17 Besuchen in Tecklenburg, hatte ich nur zweimal wirklich schlechtes Wetter... Man sollte in mich investieren: Ich kann Sonne machen! :) )


Doch zurück zur Sonder-Besetzung an diesem Freitag:

Marion Furtner... Roberta Valentini?!??! Moment mal... Schrieb sie nicht grade oben noch, dass es in Tecklenburg nur "Erstbesetzung" gibt???! Schrieb sie, ja! Und normalerweise ist das auch so.
Da Sabrina Weckerlin in diesem Sommer auch die Rolle der Päpstin spielt, musste eine Sonderregelung her, damit sie neben den Wochenterminen auch die Premiere und Derniere in Fulda wahrnehmen kann.
An diesen Tagen wurde/wird sie in Tecklenburg durch Marion Furtner vertreten. Das stand von Anfang an fest.

Nicht fest stand jedoch, dass Anna Thorén das Temperaturen auf und ab der letzten Tage auf die Stimmbänder schlagen würde. Das Wetterrisiko birgt leider auch immer ein Krankheitsrisiko und so erwischte es die amtierende Königin.
Bei Facebook überschlugen sich am Freitag die Meldungen.
  • Anna ist krank, Roberta Valentini (Erstbesetzung in Bremen) spielt die Marie Antoinette.
  • Anna ist krank, spielt aber doch.
Im Smartphone Zeitalter verfolgten wir die Meldungen belustigt, erstaunt und neugierig aus Rizzis Eiscafé ("strömender" Sonnenschein, wie gesagt!) in Tecklenburg und warteten auf das was später kommen würde.

Kurz vor Acht wurde das Marie Antoinette-Rätsel dann endgültig gelöst. Beides ist richtig! Anna darf nicht singen, spielt aber und wird auch die Dialoge übernehmen, während Roberta Valentini beim Gesang aushilft... Und zwar vom Orchestergraben aus.
Radulf Beuleke, seines Zeichens Intendant hoffte damit eine gute Lösung anbieten zu können.


Der größte Teil des Publikums war erstaunt, aber durchaus gewillt dem Ganzen eine Chance zu geben. So wurde diesmal nicht nur den Dirigent, sondern auch Roberta mit viel Applaus begrüßt.
Sie nahm mit Libretto bewaffnet ihren Stehplatz rechts neben der Dirigentenkabine ein. Hinter ihr eine hölzerne Sichtschutzwand, vor ihr ein kleines Pult für die Noten und eine Lampe für später.

Rein äußerlich war Anna Thorén nichts anzumerken. Sie spielte professionell und auch beim Sprechen schien sie keine hörbaren erkältungsbedingte Probleme zu haben. Doch Stimmbänder sind das Kapital des Musicaldarstellers. Wenn die angeschlagen sind, sollte man vorsichtig sein. So war es sicher richtig und wichtig sie zu schonen. Die Gesangsparts übernahm also Roberta von ihrem Platz vor der Bühne aus und machte einen fantastischen Job. Toll, sie mal live in dieser Rolle hören zu können! Zugegeben, es war erstmal ein bisschen gewöhnungsbedürftig jemanden spielen zu sehen und jemand anderen singen zu hören. Aber die Mischung hatte was. Besonders weil das "Zusammenspiel" der beiden „Maries“ super klappte und Robertas Stimme gut zu Anna passte. 

Vielleicht fragen sich viele, warum Roberta nicht die komplette Rolle übernehmen konnte. Auch das wäre sicher eine tolle Sache gewesen, doch die Änderungen im Stück, die völlig anderen Bühnenverhältnisse und Kostüme, waren sicherlich die Hauptgründe dafür. Innerhalb eines Tages wieder in die Rolle zu kommen ist eine Sache, jedoch auch noch innerhalb weniger Stunden die Kostüme zu ändern und sich die Umstellungen im Stück drauf zu schaffen wäre vermutlich ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. So war dies wohl die beste Lösung.
Ich bewundere Anna, die trotz Krankheit eine tolle Performance ablieferte und ziehe den Hut vor Roberta, die wundervoll sang und Marie Antoinette durch ihre Stimme ein neues, ebenfalls interessantes neues Profil gegeben hat. Bestimmt nicht leicht so kurzfristig einzuspringen und wie im Synchronstudio einer anderen Person seine Stimme zu leihen.
Das hat man nicht alle Tage und ich freue mich, dabei gewesen zu sein.

Zufall! Denn eigentlich hatte ich meine Tasche ja gepackt um die alternierende Margrid Arnaud zu sehen. Deshalb liegt der zweite Schwerpunkt meines "Reprise" natürlich auf Marion Furtner! Denn das war für mich nicht minder aufregend. Bisher kannte ich nur Sabrina Weckerlin in der Rolle. Dabei mag ich es total gerne verschiedene Darsteller in derselben Rolle zu erleben. Jeder Darsteller bringt unweigerlich etwas Eigenes mit auf die Bühne. Das macht es spannend und lässt einen mitunter ganz neue Aspekte an einer Rolle entdecken. Wen man nachher lieber mag, bleibt letztendlich Geschmackssache. Mir haben beide Margrids auf ihre jeweilige Art gut gefallen!


Optisch wirkt Marion anders als Sabrina. Sie ist bestimmt einen Kopf kleiner und scheint in dem Lumpengewand fast zu versinken. Das lässt Margrid irgendwie …hilflos erscheinen. Während man bei Sabrinas Margrid von Beginn an eine starke Persönlichkeit hinter all dem Elend vermutet, entfacht Marion zunächst vor allem den Beschützerinstinkt in einem, weil sie so zerbrechlich wirkt. 

Bei „Blind vom Licht der Kerzen“ liegt ihr Schwerpunkt auch gesanglich mehr auf Traurigkeit und Verzweiflung als auf der Wut und Verachtung, die bei Sabrinas Interpretation schon an dieser Stelle aufblitzt. Das sind nur Nuancen, aber Nuancen, die ich sehr interessant finde. Ich mochte beide Darstellungsweisen. Marion wirkte in ihrer Rolle nicht ganz so unnahbar und unnachgibig wie Sabrina sie darstellt, sondern etwas weicher. Gesanglich fand ich Marion gut. Ich musste mich erst ein bißchen reinhören, weil ich die Lieder bisher ausschließlich von Sabrina kannte und ihre Sprech- und Singstimme sehr, sehr mag. Marion hat aber ebenfalls eine tolle Klangfarbe und einen ganz leichten Wiener Akzent beim Sprechen. Ein bisschen fehlte es ihr an Sabrinas unglaublicher Power. Trotzdem hat sie die Rolle auf ihre Art sehr gut ausgefüllt.


Grade weil sie Magrid auf ihre eigene Weise dargestellt hat und eben grade keine Sabrina-Kopie war. Wer die Chance wahrnehmen will: Marion schlüpft am 12.08. erneut in die Rolle. Ich finde es lohnt sich, sich beide Margrid-Darstellerinnen anzugucken. 

Ich für meinen Teil habe es nicht bereut, mir Marie Antoinette dieses mal in ungewöhnlicher Besetzung angesehen zu haben.
Und der Wettergott hat mir anscheinend zusätzlich seinen Segen dazu gegeben. Wenn sich jedes angebliche Unwetter als ein so schöner, lauer, sonniger Sommerabend entpuppt, dann kann man sich wirklich nicht beschweren. 




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