Kurz vor Ende der Saison 2010 wollte ich dann doch auch das 2. Stück in Tecklenburg sehen. Meine Erwartungen waren minimal - weil ich mit dem Film schon nicht sehr viel anfangen konnte und mich auch die Musik der West Side Story nicht besonders reizt. Aber besser ein Stück nicht so toll finden, als im nachhinein festzustellen, dass man trotz aller Bedenken ein grandioses Stück verpasst hat (So geschehen damals bei Mozart und die Wunde schmerzt noch immer!).
Also gings heute nach Tecklenburg! Reihe 1 links - unüberdachte Plätze... Deshalb wars natürlich ein Pokerspiel ob das Wetter hält... Es hielt!!! Gott-seis-getrommelt-und-gepfiffen, denn kurz vorher hats noch geregnet.
Die Plätze waren eine gute Wahl, weil dieses Stück eher linkslastig ist und sich vieles am linken Rand (der Bar) abspielt. Vielleicht ist es insgesamt etwas schöner mittig zu sitzen, aber wir waren sehr, sehr zufrieden mit unseren Plätzen.
Die Story orientiert sich sehr stark am Romeo und Julia Stoff - nur sind es diesmal zwei verfeindete Gangs, die den beiden Liebenden (Maria und Tony) die Liebe vermasseln... Genau wie einst bei Shakespeare kommt die Liebe schnell und intensiv (aus heutiger Sicht vielleicht eeeetwas überstürzt - gestern noch kannten sie sich nicht, aber morgen wollen sie schon für einander sterben... nunja...).
Zu Beginn zieht sich die Handlung zum Teil ein bißchen. Insgesamt fand ich die Umsetzung aber recht kurzweilig.
Die Musik liegt mir - wie schon erwähnt - nicht ganz so, es gibt aber erstaunlich viele Dialogszenen. Das hat mich etwas überrascht. Die Lieder wurden auf deutsch gesungen. Ich denke, es hätte dem Stück ganz gut getan, wenn es zumindest in englisch gesungen worden wäre. Viele West Side Story-Lieder sind auch dem älteren Publikum wohl eher in der Originalsprache bekannt. Ich denke da insbesondere an Lieder wie "Maria" oder "Tonight". Aber wichtiger als die Singsprache, sind meiner Ansicht nach sowieso die Gesangs- und Darstellerqualitäten der Cast.
Die Besetzung:
Tony + Riff |
Tony (Lucius Wolter): Meiner Meinung nach eine klare Fehlbesetzung - Fast hätte er es geschafft mir das Stück zu versauen... Gesanglich war es "grade ebenso", schauspielerisch ebenfalls - letztes hat hauptsächlich damit zu tun, dass er einfach nicht in diese Rolle passt! Er wirkt absolut nicht wie das Mitglied einer Straßengang - im Gegenteil... Man erwartet gradezu, dass er mit einem Tennisschläger und einem um die Schultern gebundenem Lacoste-Pulli in weißen Leinenhosen auf die Bühne kommt. Das tut er natürlich nicht - aber er wirkt wie Schwiegermutters Liebling und nicht wie ein Junge der sich auf der Straße durchschlägt!
Maria (Leah Delos Santos): Gesanglich sehr sicher, für meinen Geschmack ein bißchen zu klassisch, aber dennoch wirklich sehr gut!!! Schauspielerisch war sie perfekt. Der Akzent wirkte erstmal ein bißchen aufgesetzt, aber das war dann schnell vergessen. Besonders gegen Ende hat sie mich überzeugt!
Riff (Lars Kemter): Die Überraschung des Abends!!!!! Bei den 3 Musketieren der König Ludwig - Hier Tonys Gangkumpel Riff - was für eine Veränderung! Hätte ich es nicht gewußt, ich hätte ihn natürlich nicht wieder erkannt! Und hey!!! Hier konnte er mal zeigen was er kann! Sehr eindrucksvoll - sowohl sein Schauspiel als auch seine Gesangsparts! yessss... endlich hatte er mal welche! Und er hat sich das Mikro wirklich verdient! Ich glaube, er wär ein 1000 mal besserer Tony gewesen! Echt Hut ab - er hat mir gut gefallen!
Anybody's in Aktion |
Anybody's (Jana Stelley): Perfekte schauspielerische Leistung. Jana holt alles aus der Rolle raus... Leider (!!!) hat die Rolle nicht viel zu bieten! So gut wie keine Gesangsparts (einmal ganz kurz... ansonsten eine reine Sprechrolle). Sehr, sehr schade! Ich glaube, in Jana steckt einfach VIEL VIEL mehr als sie hier zeigen kann und mit dieser Rolle ist sie schlicht UNTERFORDERT. Es hat trotzdem Spaß gemacht ihr zuzusehen, wie sie versucht als einzige Frau zur Gang zu gehören und dort "ihren Mann steht".
Bernardo (Gianni Meurer): Hmm... kann ich jetzt gar nicht soviel zu sagen! Gut gespielt und nicht schlecht gesungen - ist mir aber nicht ins Hirn eingebrannt.
Anita (Sigrid Brandstetter): Schwierig - einerseits hat mich die Rolle schon irgendwie mitgenommen. Sigrid Brandstetter hat sie auch sehr gut rübergebracht. Hin und wieder hatte ich das Gefühl, dass sie etwas übertrieben spielt. Kann aber auch sein, dass grade dies zur Rolle gehört. Gesanglich war sie in Ordnung, ich könnte mir vorstellen, dass andere Darsteller insgesamt besser in die Rolle passen, jedoch bin ich alles in allem recht zufrieden gewesen mit dieser Besetzung.
Anita + Maria |
Die Ensemblemitglieder der Sharks und Jets hat man teilweise schon bei den 3 Musketieren gesehen. Zu Recht konnten einige in beiden Stücken zeigen was sie können. Tänzerisch + schauspielerisch Top Leistungen. Hat mitunter sehr viel Spaß gemacht.
Ein Highlight war wohl das Lied "Gee, Officer Krupke" (ist jetzt der englische Titel, weil ich den deutschen nicht kenne, aber dürfte wohl klar sein...) - Da hatten wir RICHTIG spaß!
Krupke (Stefan Poslovski): In den 3 Musketieren hatte er die Doppelrolle des Narren und des Dieners von Lord Buckingham und auch hier durfte er wieder dabei sein. Diesmal als Polizist. Ob die Rolle nun zu ihm passt oder nicht sei mal dahin gestellt - Bei den 3 M hat er mir besser gefallen (dort war er grandios), hier gibt aber auch einfach die Rolle nicht sooo viel her.
Schrank (Michael Michaeiloff) + Doc (Hannes Demming): Sehr gute schauspielerische Leistungen. Gut besetzt!
Maria trauert um Tony |
Meine persönliche Meinung:Ich bin froh, dass ich hingefahren bin und es mir angeguckt habe - es war die richtige Entscheidung! Trotz einiger Mängel, ist es eine solide Inszenierung gewesen und ich hatte einen unterhaltsamen, schönen Abend. Auch wenn mich weder Musik noch Stück als solches in Euphorie versetzen, bin ich nicht enttäuscht! Es ist kein Stück gewesen, was ich mir öfter angesehen hätte - insofern war mein Riecher richtig, die 3 Musketiere schon zu Beginn zu gucken um dann noch öfter zu gehen (insgesamt waren es 3 mal) und die West Side Story aufs Saisonende zu schieben, weil eine Vorstellung ausreicht!
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