Freitag, 25. Juni 2010

3 Musketiere, Tecklenburg

Letzte Woche ging endlich die Sommer-Festivalsaison in Tecklenburg wieder los... 2010 auf der Freilichtbühne: Die 3 Musketiere und die West Side Story. Toll, dass ich nur eine knappe Woche nach der Musketierpremiere auch endlich wieder dabei sein konnte!
Die ganze Woche über hab' ich den Wettergott beschworen. An dieser Stelle meinen herzlichen Dank nach oben:
Perfekter hätte das Freilichtbühnenwetter nicht sein können. Selbst die leichte Bewölkung hat pünktlich einem strahlend blauen Himmel Platz gemacht.
Die Atmosphäre erreichte mich schon beim ersten Blick auf die Burgruine und erst Recht nachdem ich durch den Obstgarten auf das Freilichtbühnengelände kam.

Das Bühnenbild
Dieses Jahr fügt sich das Bühnenbild sehr gut in die bereits vorhandene Kulisse ein. Viel weniger kitschig als in den Jahren zuvor. Aber es ist ja im Grunde eh ein Selbstläufer - ein Mantel und Degen Stück in einer Burgruine... was könnte besser passen! Da stört auch das Pappmascheehaus nicht... nee im Ernst - ich war wirklich positiv überrascht.
Vor der Show
Das Schiff, das zu Beginn des 2. Aktes eine Rolle spielt, kann natürlich nicht mit der Berliner oder Stuttgarter Version mithalten, aber meckern will ich hier nicht - Das Ganze wird recht ansprechend gelöst.
Ich muss aber auch sagen, dass mir Abstriche bei der Kulisse generell nicht soviel ausmachen, denn das Herzstück eines Musicals sind Schauspiel und Gesang der Darsteller. Und wenn die es richtig anfangen, wird die Kulisse sowieso unwichtig - aber zu den Darstellern komme ich später.

Die Kostüme
Erstmal noch kurz etwas zu den Kostümen: Schaut euch die Fotos auf der Homepage der Freilichtbühne an. Ihr werdet feststellen, dass die Kostüme durch die Bank gut gewählt wurden. Einzig Constances Outfit gefällt mir nicht wirklich. Sie trägt einen roten Samtrock und ein gestreiften Blazer (wie auch immer man das nennt). Mit ihrem lockeren Spiel kann sie davon aber zum Glück ablenken.
Besonders gelungen finde ich das Kostüm der Milady. Grade bei "Milady ist zurück" passt es ganz toll zum Lied. Sie trägt ein schwarzes Kleid mit langem Schlitz – darunter enge Leggins. Ihre Ärmel erinnern an Vogelfedern... und auch der Kragen besteht aus Federn - "und ich spreize mein Gefieder und blicke stolz umher" - Die strenge Hochsteckfrisur und der kühle, stolze Blick tragen das Übrige dazu bei, die Milady zu einer Mischung aus Racheengel und sexy Intrigantin zu machen. Erst gegen Ende bröckelt ihre Fassade - Aufgelöste Frisur, rot/schwarzes Kleid – perfekt.

Die Perücken:
Ähm ja... aus der 7. Reihe fand ich es gar nicht so schlimm. Porthos sieht ziemlich wuschelig aus, aber hey - das passt wunderbar zur Rolle. Der König hatte eine königliche Mini-Röllchen-Frisur, die ihn reichlich lächerlich wirken lies - aber das war doch gewollt oder? Egal - lassen wir das Thema. Ich hatte ich mir die falsche Haarpracht schlimmer vorgestellt- nachdem ich vorher einiges drüber gelesen hatte. Noch mal der Verweis auf die Fotogalerie - Es gibt sicherlich tollere Perücken, aber eigentlich sind sie ganz okay!

Die Requisite:
Fast hätte ich vergessen habe etwas zur Requisite zu schreiben. Was gehört alles dazu? Na, wahrscheinlich die glänzenden Degen im Sonnenlicht. Apropos: Die Fechtszenen sind klasse und ich denke, dass sie von Show zu Show sogar noch toller werden. Die weitern Requisiten sind stimmig. Es gibt Tische und Stühle, Heuballen, ein echtes Pferd, eine riesige große Schmuckschatulle inklusive stark glitzerndem "Diamant-Collier" - alles genauso wie man es braucht. Ich habe leider keinen Vergleich zur Berliner/Stuttgarter-Aufführung und kann mich nur insofern wiederholen, als dass die Freilichtspiele mit einfachen Mitteln das Größtmögliche herausholen. Naja, ich gehöre wohl auch ein bißchen zu den Leuten, die nicht sooo sehr drauf achten - d.h. wenn nichts fehlt oder total merkwürdig ist, dann ist das für mich okay. man kann aber absolut nicht sagen, dass die Requisite spartanisch war oder so... und sollte sie es gewesen sein, dann wird das durch das riesige Ensemble dreimal wieder wett gemacht. Sprich - die Bühne wirkt zu keiner Sekunde leer! Aber ich denke schon, dass weniger "Gedöns" da war als bei manch anderer Theaterproduktion, wo man (z.B. bei drehbarer Bühne) Sachen auch schnell wieder verschwinden lassen kann. hier mussten ja oft ganz flott Tische und Stühle oder anderer Kram "abgeräumt" werden... Sicherlich hat man da auf "Unnötiges" verzichtet... aber negativ ist mir das ganz sicher nicht aufgefallen.


Die Inszenierung:
Ich muss gestehen, dass ich keine Vergleiche habe - für mich war es gestern eine Musktetier-Premiere. Nichts desto trotz hoffe ich beurteilen zu können, ob ein Stück gut oder schlecht inszeniert wurde.
Ich schätze wenn es gut ist, dann hat man keine Sekunde Langeweile, sitzt mit einem fetten grinsen im Gesicht im Publikum, merkt nicht, dass es kühler wird und die Zeit vergeht wie im Flug? - Ja, ich denke es war gut! :)
Die Story als solche lässt sich in zwei Sätzen zusammenfassen. Die etwas dünne Story, ist der einzige Schwachpunkt an dem Stück... Jedoch - man kann aus dieser 2 Sätze- Handlung tatsächlich ein 2 1/2 Stunden Vergnügen machen - und das ist die Kunst und hier durchaus gelungen. Der 1. Akt besticht dabei noch mehr als der 2. - Kein Wunder, der erste Akt ist ne Ecke länger und beinhaltet den größten Teil der ohrwurmverdächtigen Songs. Deshalb fand ich es ein bißchen Schade, dass ausgerechnet "Gott lächelt uns zu" im 2. Akt gestrichen wurde. Ein weiteres Lied auf das bei dieser Inszenierung verzichtet wird ist "Glaubt mir". Meiner Ansicht nach kein großer Verlust, obwohl ich von Yngve Gasoy-Romdals Darstellung des Kardinals wirklich sehr, sehr positiv überrascht bin - s.u.

Die Darsteller:
Zunächst einmal ist zu sagen, dass alle Darsteller sehr gut waren und auch toll mit einander harmonierten! Aber jetzt zu den einzelnen Akteuren:

* D'Artagnan (Thomas Hohler): Ich hätte gerne jemand anderen in der Rolle gesehen und deshalb war ich natürlich skeptisch. Aber Thomas macht seine Sache wirklich gut. Schauspielerisch wird er d'Artagnan wirklich gerecht. Im ersten Teil kann man herrlich über ihn lachen und auch die Fechtszenen meistert er bravourös. Stimmlich mag ich ihn erstaunlich gerne. Am Anfang gab es ein paar kleinere Unsicherheiten, was aber vielleicht auch damit zusammenhing, dass sein Micro einen Knacks hatte und er bei "Heut ist der Tag" kurzfristig ein Handmicro benutzen musste. Insgesamt hat er das hat er sehr professionell gelöst. Nach und nach hat er sich in mein Herz gespielt und gesungen und auch wenn er -wie gesagt- nicht meine erste Wahl ist, so ist er trotzdem eine gute Wahl.

* Milady de Winter (Femke Soetenga): Wow! Die Milady betritt die Bühne und beherrscht sie von der ersten Sekunde an. Ihr Schauspiel, ihre Bühnenpresenz und nicht zuletzt ihre kraftvolle Stimme haben mich sofort überzeugt - Ich kann mir gut vorstellen, dass aus ihr noch was ganz Großes wird. Wo nehmen die Holländer nur die vielen großartigen Leute her... Toll, dass sie in Tecklenburg spielt. Sie ist wunderbar!


* Kardinal Richelieu (Yngve Gasoy-Romdal): Oh ja - sagte ich mal, dass ich ihn nicht mag? Also, den Yngve...? Als Kardinal hat er mir erstklassig gut gefallen. Wunderbar intrigant. Das Zusammenspiel mit Femke ist außerordentlich! Der Wahnsinn in den Augen – da kann einem fast angst und bange werden... Auch stimmlich liegt ihm die Rolle sehr. Er artikuliert teilweise etwas übertrieben - aber der Gesamteindruck ist toll. In der Rolle des Mozart (zugegeben, ich kenn ihn da nur von CD) werde ich ihn nie mögen... aber hier passte alles!

* Athos (Marc Clear): Engel aus Kristall war mein persönliches Highlight an dem Abend. Marc ist Athos und Athos ist Marc - mehr gibt’s da nicht zu sagen!

* Porthos (Enrico de Pieri): Aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaahhhh! Tschuldigung... Porthos war ebenfalls mein Highlight! Wenn ich ins Musical gehe, dann weine ich gerne - aber ich lache auch gerne! Und durch Porthos konnte ich beides ganz wunderbar verbinden. Ja, ich hab Tränen gelacht. Einfach genial gespielt! Wir haben Enrico nach der Show getroffen und er hat erzählt wie gerne er die Rolle spielt (besonders mit den aktuellen Kostümen, die im Gegensatz zu den Stuttgartern total angenehm zu tragen sind). Er freut sich besonders mit Jens spielen zu dürfen, weil die sich beide blind verstehen. All das merkt man auch.


* Aramis (Jens Janke): Das Zusammenspiel mit den anderen Musketieren - besonders wie grade schon erwähnt mit Porthos/Enrico hat ihm und uns Spaß gemacht. Gesanglich kann ich gar nicht ganz soviel zu ihm sagen. Ich kann mich irgendwie nicht mehr so richtig erinnern. Auf gar keinen Fall ist er mir negativ aufgefallen.

* Constance (Lisa Antoni): Süß – sie spielt und singt gut. Ich hab mich gewundert wie klein die Rolle der Constance (besonders nach der o.g. Streichung) tatsächlich ist. Eigentlich ist das ein bißchen schade, denn von Lisa hätte ich gerne noch mehr gesehen. Allerdings muss man sagen, dass der weibliche „Star“ mit Abstand die „Feder-Lady“ ist!!!

* Königin Anna (Wietske van Tongeren): Fiese Perücke und eine eher ruhige, sich zurückhaltende Rolle, die Wietske ganz fantastisch ausgefüllt. Ihr "Kein geteiltes Leid" hat mir Gänsehaut verpassen. Außerdem hatte ich bei ihr wieder mein „Freilichtbühne-ach-wie-ist-das-schön-Gefühl“. Während sie sang ging die Sonne unter und ihr Schatten fiel auf die Burgmauer...

Stefan Poslovski Höchstform
* die kleineren Nebenrollen lass ich jetzt mal einfach unter den Tisch fallen. Wobei zu sagen ist, dass dieses Stück wirklich bis ins Kleinste großartig besetzt ist. Was mir an Tecklenburg in diesem Zusammenhang besonders gefällt: Das riesige Aufgebot an Ensemblemitgliedern und Laiendarstellern. Solange die sich nicht in den Vordergrund drängen und dringend eine Sprechrolle haben wollen *hust* - wen mein ich wohl… bereichern sie das Bühnenbild enorm! Ich bin jedes Mal aufs Neue begeistert und angetan und möchte an dieser Stelle ein großes Lob an alle Mitwirkenden aussprechen!!!

Und nun (endlich?) mein letzter Punkt:

Das Publikum
Trommelwirbel... Wir waren auch prima! Also wenn man dort ist hört man immer wieder Gesprächsfetzen: "Weißt du noch letztes Jahr..." "...als es so windig war" etc. Man merkt schnell, es gibt viele Wiederholungstäter und die meisten sind bestens ausgerüstet: Decken, Sitzkissen, PICKNICK-KÖRBE (Sektchen, Schnitzelchen, Bier in Kühltaschen, Weintrauben, Käse...) alles den Berg raufgeschleppt... Picknick auf der Freilichtbühne – das scheint Kult zu sein, mutet aber manchmal vielleicht ein bißchen merkwürdig an, weil das im Theater ja auch niemand machen würde. Aber sei es drum - Die Leute haben Spaß und gute Laune und solange sich (fast) alle während der Vorstellung an die Bitte halten "im Zuschauerraum nicht zu essen" ist meiner Ansicht nach auch "alles in Butter". Wie gesagt: Ich hab (fast) nur freundlich, hilfsbereite und fröhliche Menschen getroffen und auch so etwas trägt natürlich zur schönen Atmosphäre bei. Es macht einfach mehr Spaß, wenn alle Spaß haben. Bei den 3 Musketieren schien das eindeutig der Fall gewesen zu sein! Standing Ovations, viele Lacher und Applaus...

Fehlt nur noch eins:

Das Fazit:
Ein gelungener Abend!
Wer noch nicht da war sollte es sich nicht entgehen lassen!


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