Samstag, 12. September 2009

Sister Act, London

Es liegt jetzt schon über ein Jahr zurück und nach so langer Zeit fällt nicht ganz so leicht eine Rezension zu schreiben. Trotzdem finde ich es wichtig ein paar Worte zu Sister Act zu sagen, da mittlerweile in Hamburg die Previews angelaufen sind und sich sicher viele Leute dafür interessieren werden.

Wo fang ich an... Der Bericht wird doppelt schwer, weil mir das Stück zwar gefallen hat, ich aber auch nicht überschwänglich begeistert bin, so dass ich weder das Bedürfnis habe seitenlang zu schwärmen noch mich total aufzuregen und Luft raus zu lassen.

Ich kannte den Film und bin mit der Erwartung in das Stück gegagen, dass ich Songs und Story kennen würde. Meine erste Wahl wäre es nicht gewesen, aber die Freundin mit der ich damals in London war, wollte es gerne sehen und wer bin ich, wenn ich "nein" sagen würde :)).


Plätze und Bühnenbild:
Wir saßen relativ mittig und recht weit vorne auf dem Balkon. Diese Plätze waren (jedenfalls in London) recht gut, weil das Bühnenbild zum Teil sehr aufwendig ist und mitunter in die Höhe gefahren wird und sich die Handlung dann auf  2 Ebenen abspielt, was zum Beispiel bei den Verfolgungsszenen sehr belebend wirkt. Von unseren Plätzen konnten wir alles gut erkennen, hatten einen Überblick und waren trotzdem nah genug dran um auch die Mimik der Darsteller sehen zu können. Toll waren auch die riesigen Statuen und die bunten Kirchenfenster.

Die Kostüme haben mir ebenfalls gut gefallen - Die Nonnenkutten waren eher klassisch gehalten - nur beim großen Auftritt vor dem Papst beim Finale hat man stark glitzernde eher bunte Roben gewählt, die in meine Augen sehr übertrieben waren.

Die Handlung
Ich denke, die Geschichte dürfte größtenteils bekannt sein. Auf der Flucht vor ihrem Ex-Freund, den sie bei einem Mord erwischt hat, versteckt sich die Bar-Sängerin Doloris in einem Nonnenkloster und mischt dort den Chor und das Klosterleben gehörig auf. Das Musical orientiert sich weitestgehend an der Filmvorlage - Es wurden aber einige Szenen für die Bühnenumsetzung umgeschrieben und auch einige Rollen wurden etwas verändert oder erweitert.
Vorallem den Polizisten erkennt man nicht wieder - Im Musical ist er der kränkliche Trottel vom Dienst. Über den man Lachen soll, der einem aber eigentlich eher Leid tut.

Die Musik wurde für das Stück komplett neu geschrieben - aus dem Film wurden keine Songs verwendet - was ich sehr schade finde, weil man bei der Chorstunde regelrecht erwartet, dass sie gleich mit "Oh Maria" oder ähnlichem loslegen. Ich gehe mal davon aus, dass es rechtliche Gründe hat, warum diese Lieder nicht in das Stück eingebaut wurden.
Insgesamt gefallen mir die neuen Lieder ganz gut, auch wenn ich ehrlich zugeben muss, dass ich kein wirklicher Fan von Soul, RnB und Motownnummern bin und deshalb die Sister Act CD insgesamt eher nicht so häufig höre. Im Stück selber, haben die meisten Lieder wirklich Spaß gemacht.

Die Besetzung:
Deloris Van Cartier - Patina Miller:
Patina Miller beim Finale (Quelle: MailOnline)
Die Rolle der Deloris war wirklch erstklassig besetzt. Patina Miller ist eine echte Rampensau mit einer sehr kraftvollen, ausdrucksstarken Stimme. Sie ist zum Teil sehr rotzig und schleudert einen ordentlichen amerikanischen Gossenslang durch die Klostermauern (mitunter war das ein bißchen schwer zu verstehen manchmal - aber passte sehr gut zu der Rolle).
Ich bin gespannt, ob die eher lieb und brav wirkende Zodwa Selele in Deutschland da mithalten kann. Vielleicht wird sie die Rolle etwas anders auslegen, oder sie überrascht vollkommen - Ich mag Zowi sehr gerne, aber sie hat nicht diesen "Dreck" in der Stimme, den ich bei Patina sehr bewundert habe.

Mutter Oberin - Sheila Hancock
Auch diese Rolle war in London sehr, sehr gut besetzt. Die Mutter Oberin wirkte streng, aber auch ein bißchen verletzlich, was man auch an ihrem Gesang hört. Sie ist alt und die Zeit hat sie irgendwie - überholt... Sie klammert sich an alte Werte und hat zunächst Probleme Neuerungen im Kloster zuzulassen. Erst zum Ende hin taut sie ein wenig auf. Sheila Hancock hat das sehr gut dargestellt. Zwischenzeitlich wurde die Rolle ja auch von Whoopie Goldberg gespielt - meiner Ansicht nach jedoch eine reine PR Aktion, die Besucher ins Theater locken sollte. Wirklich passen tut die Rolle sicher nicht zu Whoopie.

Curtis Shanks - Chris Jarman
Der etwas fettleibige Ex-Lover von Doloris und Gangster Boss hat ein paar mehr Auftritte als im Film, darf auch singen und macht tatsächlich den Eindruck als wäre er grade aus den Motownstudios entschlüpft. Soweit ich mich erinnere erfüllte er darstellerisch und auch gesanglich seine Rolle perfekt! Wie gesagt - nicht so ganz meine Musikrichtung, aber gut war er!!

Monsignore Howard - Ian Lavender
Keine besonders wichtige Rolle und so habe ich auch keine wirkliche Erinnerung mehr an Monsignore Howard

Eddie Souther - Ako Mitchell
Die Rolle an sich hat mir nicht gefallen! Gespielt und gesungen war sie gut! Aber wie schon oben erwähnt ist der Polizist ein schniefender Volltrottel, der seine Pistole im Schrank einschließt, damit sie ihm nicht versehentlich los geht. Soll wohl witzig sein, ich fands eher lächerlich. Die Witze auf seine Kosten haben mich nicht so vom Hocker gerissen, auch wenn er nachher selbstbewußter wird und sich positiv verändert. Mein Fall war diese Änderung der Story nicht.
Einziges Highlight - Ein mehrfacher, blitzschneller Kostümwechsel auf der Bühne :-)

Schwester Mary Robert - Katie R. Jones
Für mich nicht nur die schönste Rolle im Film, sondern auch auf der Bühne! Ich mag die schüchterne, kleine Novizin sehr, sehr gerne. Es ist toll zuzusehen wie sie durch den Gesang zu einer Persönlichkeit wird und endlich ihre eigenen Stärken erkennt.
Wunderschön fand ich ihr "The Life I never led (+ reprise), das für ich zu den schönsten Liedern des Stücks gehört und wo ich tatsächlich Gänsehaut bekam und kurz davor war ein paar Tränchen zu verdrücken! Toll gespielt und wunderbar gesungen!

Schwester Mary Lazarus - Jacqueline Clarke und
Schwester Mary Patrick - Claire Greenway
Ich will jetzt nichts falsches sagen, weil ich grade nicht weiß ob es sich bei Mary Lazarus um die dicke, gemütliche Nonne mit der Brille handelt oder um die alte Nonne mit den zweideutigen Sprüchen. Beide kommen ja auch schon im Film vor und werden von ihren jeweiligen Darstellerinnen genau so dargestellt wie sie im Film über die Leinwand geflimmert sind. Man hätte meinen können, man habe tatsächlich die Filmnonnen auf die Palladiumbühne gesetzt. Natürlich ist auch die Maskerade perfekt. Ob sie in Deutschland auch so toll passende Darsteller gefunden haben?
   
Bones - Nicolas Colicos
Dinero - Ivan De Freitas
TJ - Thomas Goodbridge
Die Gangstergehilfen von Curtis Shanks sind mir nicht weiter im Gedächtnis geblieben und weder positiv noch negativ aufgefallen. Deshalb belasse ich es mal bei der Vermutung, dass sie mir gefallen haben :)

Ein Fazit zu ziehen fällt mir ein wenig schwer. Ich muss sagen, dass die Stimmung im Theater sehr ausgelassen war. Es wurde viel gelacht und am Ende hat der ganz Saal mitgeklatscht und alle waren gut drauf. Die Stimmung ist auch auf mich übergeschwappt. Trotzdem ist Sister Act für mich eher ein Stück, das von den großartigen Darstellern lebt. Der Witz des Stücks war mir hin und wieder etwas zu platt bzw. aufgesetzt, da ich eher einen subtileren Humor bevorzuge. Insgesamt war es aber unterhaltsam und vergnüglich.
 Ob ich es mir jedoch nochmal in Deutschland ansehen werde, hängt davon ab wir mir die Cast-CD aus Hamburg gefällt und ob man bezahlbare Tickets bekommen kann. Eigentlich ist es für mich eher ein Stück, was ich zwar genossen habe, was ich aber nicht zwingend häufiger sehen muss. Falls es sich, aus welchen Gründen auch immer ergibt, werde ich es mir nochmal angucken und vermutlich wieder einen schönen Abend haben. Aber ich gehöre auch nicht zu den Leuten, die bei Vorverkaufsstart die Kassen stürmen, weil es mir nach wie vor nicht sooo wichtig ist.
Die -für Londoner Verhältnisse- recht kurze Spielzeit von nur 16 Monaten, spricht für sich. Ich glaube, es gibt deutlich bessere Stücke - will aber auch nicht zu kritisch sein. Wer den Film mag, wird ganz sicher einen vergnüglichen Abend haben.

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