Samstag, 21. Juni 2014

Spamalot, Oldenburg

Monty Pythons "Ritter der Kokosnuss" reiten derzeit durch Oldenburg und bringen den kühlen Norden schier zum auszuflippen! 



Das wunderschöne Staatstheater war bis auf den letzten Platz gefüllt und als der Vorhang fiel hielt es niemanden mehr auf den Sitzen. Mit minutenlangem, frenetischer Beifall feierte das sehr gemischte Publikum Darsteller und Orchester beim Schlussapplaus. 

Spamalot ist ein Stück für die Lachmuskeln - keine Gefahr also an irgendeiner Stelle von Emotionen überrollt zu werden. Und doch - die Begeisterung war so ansteckend und beeindruckend, dass ich ganz ergriffen war. Selbst nachdem der letzte Vorhang gefallen war, blieb ein großer Teil der Zuschauer noch da bis auch der allerletzte Ton aus dem Orchestergraben verklungen war und applaudierte noch einmal begeistert in Richtung Orchestergraben. Solche Momente lassen einem das Herz aufgehen.

Dabei hätte ich das vor Beginn der Vorstellung gar nicht unbedingt erwartet. Ich kenne Spamalot aus London und obwohl es mich dort ebenfalls gepackt hat war ich unsicher, ob es den Geschmack meiner Mitzuschauer treffen würde. Da waren ältliche Damen in feinem Zwirn, Herren mit Krawatte und Nickelbrille, Kinder, die unruhig auf ihren Sitzen rumrutschten, biedere Mitfünfziger mit Perlenketten und Operngläsern -aus meiner Sicht irgendwie nicht das typische Monty Pythen Publikum.
 

Das Musical basiert grob auf dem Monty Python Film "Die Ritter der Kokusnuss". "Liebevoll zusammengeklaut" heißt es im Programm. König Artus zieht durch die Lande und sammelt Ritter für seine Tafelrunde zusammen und macht sich mit ihnen auf den Weg den heiligen Gral zu finden.

(c) Foto: Andreas J. Etter (aus der Oldenburger Online Zeitung)
 Wer schon Filme der englischen Comedytruppe gesehen hat, oder Spamalot bereits kennt, der weiß, dass es vor schwarzem Humor nur so trieft. Der weiß, dass manche Albernheit bis zum Exzess verblödelt wird. Nicht jeder kann damit etwas anfangen. Aber hier hatte ich die Nordlichter gehörig unterschätzt! Mein Fehler! Schon bald war klar, dass hier eine riesen Party steigen würde! Und das vollkommen zu Recht!

Wir erlebten gemeinsam eine fantastische Inszenierung. Die deutsche Übersetzung der Dialogszenen gepaart mit den englischen Original-Songs gefiel mir überraschenderweise ausgezeichnet. Natürlich fielen englische Wortwitze hin und wieder der deutschen Sprache zum Opfer - das meiste funktionierte aber auch hevorragend auf deutsch.
 

Die -für mich- vollständig unbekannte Cast spielte mit ansteckender Spielfreude und nahm uns mit auf eine skurile Reise durch Finn...quatsch England. Jeder der Tafelritter - inklusive dem lustig anzusehenden König Artus (Thomas Birklein) - hat gelinde gesagt "einen Schlag schräg", wirkt aber vielleicht gerade deshalb besonders sympathisch. Ich hab mich sofort in Patsy (Vincent Doddema), des Königs treuen Diener verliebt. Er mimt mit der Hilfe von Kokosnüssen das Pferd und löst eine heitere Diskussion aus, wie die Kokusnuss eigentlich nach England gekommen ist.
Auch die Fee vom See (Navina Heyne), die sich schmachtende Duette mit Sir Galahad (Bernhard Hackmann) liefert und immer gerne im Rampenlicht steht, hatte es mir angetan. Eigentlich waren alle Darsteller zum niederknien!
Dies ist sicher auch den herrlich merkwürdigen Kostümen und Perücken geschuldet. Patsy mit lila Leggins, einem übergroßen Pferdepulli und einer schicken Tolle auf dem Kopf. Der König selbst mit Prinzessinenkrönchen und Zöpfen, Paillettenkleid und Turnschuhen. Sir Robin (Rüdiger Hauffe), der Angsthase im Faltenrock und bauchfreiem Ritterharnisch... um von Sir Lancelot (Gilbert Mieroph) erst gar nicht zu sprechen *hüstel* - ja genau: Ein Kostümhighlight jagd hier das nächste. Gleiches gilt im übrigen für die Kulisse! Schrill und Bunt, übertrieben, aber nicht übertrieben übertrieben... Wenn ihr versteht was ich meine. Es passt! Es passt einfach alles!


Spamalot nimmt sich keine Sekunde lang selber ernst und wird trotzdem niemals niveaulos. Man muss wirklich den Hut ziehen, denn es ist ein sehr schmaler Grat zwischen Klamauk und skurilem englischem Humor. Aber auf diesem Grat wandert die Inszenierung des Theaters Oldenburg gekonnt und sicher ohne abzustürzen!

Kein Wunder also, dass das Stück soooo gut ankommt. Es wird übrigens nicht nur in Oldenburg gespielt, wo die Karten weggehen wie geschnitten Brot, sondern erlebt all-überall sein Comeback. 
Es lohnt sich sicherlich die Augen offen zu halten, denn irgendwann reiten die Ritter mit ihren Kokosnüssen auch in eurer Nähe vorbei und dann solltet ihr die Kuh bei den Hörnern packen und mit auf die Suche nach dem Gral gehen.




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